Der 19-jährige Torben P. der im April
auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße einen anderen
Mann , der gerade
auf dem Heimweg vom Dart-Spielen mit Freunden,
verprügelt und bis zur Bewusstlosigkeit getreten ist vorgestern vom Berliner
Landgericht zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 10 Monaten wegen versuchten
Totschlags und gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Die Bilder
der Überwachungskamera, die zur
Täterermittlung veröffentlicht wurden, zeigten
wie der Täter dem
am Boden liegenden
Opfer mehrfach heftig auf den Kopf tritt.
Soweit, so schrecklich. Außer vielleicht für Lorenz Maroldt,
der im Berliner Tagesspiegel unter dem
Titel „Aus einem Monster wurde ein Mensch“ dem
Leser einen Menschen schildert, der
„wegen der zuweilen schwierigen Lebensumstände
in jungen Jahren eine schwere Straftat begangen hat. Der Prozess hat hier keine
Erhellung gebracht, was dem Fall neben seiner
Dramatik und Tragik auch etwas Unheimliches gibt: Was letztlich dazu führte,
dass Torben P. einen ihm unbekannten Mann fast zu Tode
trat, bleibt ein Rätsel – es ist nicht das einzige... Warum veröffentlichte die
Polizei ausgerechnet diese Bilder, und warum
verschwieg die Staatsanwaltschaft, dass es auch andere
Szenen gab? Dabei lagen Bilder einer anderen
Überwachungskamera vor, die zur Fahndung besser geeignet gewesen wären; ein
ähnlich großes Entsetzen wie die veröffentlichten Tatsequenzen, auf dem
der Täter wie von Sinnen auf sein wehrloses,
ohnmächtiges Opfer tritt, hätten sie wohl nicht ausgelöst.“ Scharf analysiert,
Herr Maroldt, warum zeigte man nicht die Bilder
von Torben als Erstklässler mit der Schultüte?
Warum beurteilt man nur die Tritte auf den
Kopf des am Boden
liegenden und berücksichtigt nicht, dass
Torben zuvor seinen Müll korrekt getrennt hat? Warum kann es sein, dass Torben
nach dem Urteil nach Hause gehen und seine
Strafe im offenen Vollzug absitzen darf? Warum bekommt er von einem
katholischen Berliner Gymnasium Einzelunterricht spendiert? Ach so, weil er eine
positive Sozialprognose hat. Weil er Deutscher, weiß und Wessi ist und bei
seinen bürgerlichen, frühverrenteten, zuvor im Öffentlichen Dienst
alimentierten Eltern wohnt. Das muss natürlich vom Gericht honoriert werden,
während es einen Ronny oder Silvio aus Marzahn
oder einen Goldkettchen tragenden
Hakan oder Murat in den
Knast für schwere Jungs setzt. Damit die ohnehin beschissene Sozialprognose aber
auch garantiert eintritt.
Der Tatort aus der
Perspektive einer Überwachungskamera
Der Tatort aus der
Perspektive von Lorenz Maroldt (Tagesspiegel)
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